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Das Sick-Building Syndrom oder wenn Räume krank machen

Das Sick-Building Syndrom oder wenn Räume krank machen

Der Blick auf das Raumklima

Der Tag beginnt und endet für uns alle üblicherweise in Innenräumen. Dazwischen gibt es viele Stationen wie den Arbeitsplatz, Schule, Einkaufszentrum oder Kino und Fitness-Center, in denen wir uns temporär aufhalten. Eines haben diese Orte alle gemein: sie werden durch eine Hülle begrenzt und besitzen somit ein individuelles (Raum)klima. In unseren Breiten verbringen Menschen bis zu 90% ihres Tages in Innenräumen. Das allein ist ein gutes Argument, sich mit dem Thema Raumklima auseinanderzusetzen.

Welche Themen finden Beachtung, wenn man vom Raumklima spricht?

Das Raumklima ist ein Teilgebiet der Raumumgebung. Diese umfasst neben dem genannten noch die Themen Akustik, Licht, Elektrosmog und psychologische Einflüsse. Wenn man das Teilgebiet Raumklima betrachtet, so wird der Mensch und sein Wohlbefinden in den Mittelpunkt gerückt und alle Komponenten berücksichtigt, die dieses positiv oder negativ beeinflussen. Dazu zählen Inhalte der thermischen Behaglichkeit sowie die der Innenluftqualität.

Was macht uns krank?

In Gebäuden gibt es eine Vielzahl an Quellen, die unsere Gesundheit beeinflussen (können). Die Behaglichkeitsgrößen beziehen sich auf physiologische (z.B. Alter und Geschlecht), intermediäre (z.B. Kleidung und Raumbesetzung) und physikalische Bedingungen (z.B. Lufttemperatur, relative Feuchte und Luftbewegung). Die zuletzt angeführte Gruppe ist für uns von Interesse, da diese durch die gebaute Umgebung beeinflussbar ist. Die Raumlufttemperatur löst etwa unmittelbar Unbehagen aus, wenn sie als zu kalt oder zu warm empfunden wird. Die Umschließungsflächentemperatur bestimmt, ob wir nahe gelegene Glasflächen als kalt und unbehaglich empfinden, da es zu einem Strahlungsaustausch der Hautoberfläche und Raumumschließungsflächen kommt. Zu trockene Luft schädigt unsere Schleimhäute, zu feuchte Luft verhindert die thermische Regulation des Körpers und begünstigt Schimmelwachstum. Luftbewegung kann Zugerscheinungen auslösen. Jedoch auch die Luftzusammensetzung in Form der Innenluftqualität ist maßgebend. Luftbelastungen werden durch die Räume selbst (Baustoffe, Ausstattung, Oberflächenbeschichtungen – Stichwort VOC’s – flüchtige organische Verbindungen), durch die Nutzer (Atmung, Kochen, Erzeugung von unangenehmen Gerüchen) oder durch von vornherein verunreinigte Außenluft (Abgase, Pollen, Staub, Radon) hervorgerufen.

Bei allen exemplarisch genannten Faktoren kommt es zusätzlich zu Wechselwirkungen und gegenseitiger Verstärkung oder Abminderung von Effekten. Ein kalter, zugiger Raum wird etwa unangenehmer empfunden als ein warmer, zugiger Raum. Auch bei der gefühlten Temperatur kommt es zu einer gegenseitigen Beeinflussung von zwei Faktoren. Um eine Empfindungstemperatur von 20°C zu erreichen, benötigt man entweder 22°C Lufttemperatur in Kombination mit kalten Umschließungsflächentemperaturen oder 18°C Lufttemperatur in Kombination mit warmen Umschließungsflächentemperaturen.

Wie sehen die Krankheitsbilder aus?

MCS (multiple chemical sensitivity) beschreibt eine Gesundheitsstörung, die durch Unverträglichkeiten gegen Duftstoffe oder etwa Lösungsmittel ausgelöst werden und zu Müdigkeit, Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen führen kann. Hierbei wird meist ein ‚Beschwerdekomplex‘ ausgelöst. BRI (building related illness) bezeichnet eine Form von Krankheit, bei der für einzelne Personen eine genaue Zuordnung zwischen Ursache und Wirkung tituliert werden kann. Hierfür sind typischerweise Schimmelpilze anzuführen. Von SBS (Sick Building Syndrom) ist die Rede, wenn mindestens 25% der Gebäudenutzer unter Krankheitssymptomen wie Kopfschmerzen, Reizung von Augen, Nasen oder Rachen leiden. Die körperlichen Reaktionen klingen nach dem Verlassen der Räumlichkeiten wieder ab. Eine direkte Zuordnung von Ursache und Wirkung ist in diesem Fall oft nicht möglich.

Raumklima nicht zufällig entstehen lassen, sondern planen!

Ein großer Hebel, um das Raumklima positiv zu gestalten und krank machende Gebäude zu vermeiden, ist naturgemäß in der Planung zu finden. Als Leitfaden kann das Zertifizierungssystem für Innenräume in der Version 2020 der ÖGNI herangezogen werden, da dieses dem breiten Thema des Raumklimas Rechnung trägt. Berücksichtigt werden hier unter anderem die eingesetzten Baustoffe oder Bauprodukte, der thermische Komfort, die Innenraumluft- und Aufenthaltsqualität. Auch die technischen Komponenten, welche als Hilfsmittel zur Erreichung eines positiven Raumklimas beigezogen werden können, sind zu erwähnen. So gibt es den Österreichischen Fachverband für Raumlufttechnik (ÖFR), der sich mit diesen komplexen Themen auseinandersetzt und auch auf aktuelle Themen wie den Zusammenhang zwischen „Raumlufttechnik und Raumluftqualität in Zeiten von Corona“ eingeht.

Sabine Huger

Autor

Sabine ist für System und Konformität zuständig. Ihre Begeisterung für Nachhaltigkeit hat sich durch ihr Bauphysikstudium gefestigt.