Gebäude und Energie
- Florian Wehrberger
- 29. April 2021
- Qualität
Was die Energiewende bringt
Der Ausbau von erneuerbaren Energien, insbesondere von Photovoltaik- und Windenergieanlagen, aber auch der Nutzung von externen Wärme- und Kältequellen führt zu veränderten Anforderungen in Stromversorgungs- sowie Heiz- und Kühlsystemen. Stark wechselnde Lastflusssituationen sowie die steigenden Entfernungen für den Stromtransport verändern den Bedarf und stellen neue Anforderungen an die Betriebsführung der Stromnetze. Im Zuge der Energiewende kommt Energie zunehmend, statt aus wenigen zentralen Kraftwerken, aus dezentralen und erneuerbaren Quellen. Zentrale Kraftwerke können dadurch entlastet werden und für neue Aufgaben genutzt werden. Wie sich diese Veränderungen auf das Thema Gebäude und Energie auswirken, lesen Sie nachstehend.
Denzentrale Energieversorgung und Sektorkopplung
Der Umbau des Energiesystems bedeutet mehr als einen reinen Energieträgerwechsel und ist daher nur durch zielgerichtete technologische Innovationen erreichbar. Das Energiesystem der Zukunft bietet mehr Flexibilität erneuerbare Energie ins Netz zu implementieren, unterstützt die Integration dezentraler Erzeugungskonzepte, erfüllt die neuen Anforderungen an die Infrastruktur, die Partizipation von Konsumenten und ermöglicht neue Geschäftsmodelle für Anbieter und Dienstleister. Es wird immer notwendiger, branchenübergreifend zusammen zu arbeiten und die Sektoren zu koppeln. Wärme/Kälte/Strom müssen zukünftig immer in Kombination gedacht werden. Längst tragen die Heizenergie und bedingt durch die steigenden Temperaturen auch verstärkt die Kühlenergie, zum größten Teil des Energieverbrauchs bei. Der Ausstieg aus der fossilen und nuklearen Energiegewinnung, steigende Bevölkerungszahlen, fortschreitende Urbanisierung werden sich nur über dezentrale Energiegewinnung und Sektorkopplung bewerkstelligen lassen. Damit einhergehend bedarf es neben infrastrukturellen und energetischen Lösungen auch neue rechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen sowie das entsprechende Mind-Set.
Konsument und Produzent in einem
War der Bewohner einer Immobilie früher ausschließlich Konsument, wird er nun auch zum Produzenten und versorgt sich bis zu einem gewissen Grad selbst. Diese sogenannten Prosumer werden für eine erfolgreiche Energiewende immer wichtiger, denn sie nehmen aktiv am Energiemarkt teil. Für die Energieerzeuger und Netzbetreiber steigt dadurch die Herausforderung, die Erzeugung, Verteilung, Speicherung und den Verbrauch optimal aufeinander abzustimmen.
Die Rolle der Digitalisierung
Neue und immer mehr Verbraucher wie z.B. Wärmepumpen, E-Mobilität machen eine intelligente Integration in das Energienetz notwendig. In einem intelligenten Stromnetz (Smart Grid) werden mittels Smart Meter die Informationen der einzelnen Stromverbräuche an den Energie- und Netzbetreiber kommuniziert. Diese Informationen ermöglichen einen effizienteren Netzbetrieb und dienen damit zur Steigerung der Versorgungssicherheit.
Im Zuge der Digitalisierung der Energiewirtschaft ändern sich auch rechtliche Rahmenbedingungen, um den Prosumern eine interessante Teilnahme am Strommarkt zu ermöglichen. Neben Förderungsmaßnahmen muss es auch Steuerbefreiungen für den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom sowie die Beseitigung von Investitionshindernissen geben, um Gebäude als Energieerzeuger zu unterstützen.
Die voranschreitende Digitalisierung im Bau- und Gebäudesektor trägt schon jetzt zu wesentlichen Veränderungen bei. Das Energiemanagement wird dabei zu einem zentralen Thema. Als integrativer Bestandteil der Gebäudeautomation trägt es dazu bei, die Energieeffizienz zu erhöhen und regenerative Energien effizienter zu nutzen. Aktive Energiedienstleistungen lassen sich zum Beispiel durch zusätzliche Speichermöglichkeiten im Gebäude realisieren. Agiert ein solches Gebäude als netzdienlicher Speicher trägt es aktiv zur Entlastung des Stromnetzes bei.
Energiequartiere
Man sollte sich auch immer vor Augen halten, dass nicht ein Gebäude alle Funktionen erfüllen muss. Betrachtet man mehrere Gebäude als Cluster, als Quartier, Gemeinden oder Städte, ergibt sich ein enormes Potential. Große solaraktive Dachflächen, Geothermie, die Möglichkeit eines gemeinsamen Stromspeichers und eines gebäudeübergreifenden Energiemanagements in Energie Communities unterstützen den Weg einer klimaneutralen Zukunft. Um alle Potentiale nutzen zu können, bedarf es vorab Synergie-Analysen. Ist Abwärme vorhanden, ist Geothermie möglich, wieviel solaraktive Fläche stehen zur Verfügung, wie wird das Abwasser genutzt, welche Möglichkeiten stehen für die Energiespeicherung zur Verfügung? Erst wenn diese Fragestellungen beantwortet sind, kann interdisziplinär, integral, energieeffizient und klimaneutral geplant werden. Der Systemwechsel benötigt integrierte Lösungen für die Erzeugung, die Verteilung, die Speicherung und den Verbrauch von Energie. Gebäude und Quartiere bieten die Voraussetzungen, um diese Lösungen zu unterstützen. Im großen Maßstab müssen auch Städte und Umland vernetzt werden.
Das ÖGNI Zertifikat als Sprungbrett für Gebäude und Energie
Mit der Bewertung von nachhaltigen Gebäuden und Quartieren unterstützt die ÖGNI diese Entwicklungen und möchte zukünftig noch einen Schritt weiter gehen. Gebäude werden zukünftig eine grundlegende Rolle bei der Speicherung von Energie spielen. Neben einem klima- und energieneutralen Gebäudebetrieb, sollen auch gebäudeübergreifende Energiekonzepte und die solaraktiv genutzte Fläche gefördert werden. Die Flexibilität des DGNB Systems ermöglicht ein rasches Reagieren auf neue Entwicklungen. Neue Technologien, neue Konzepte und Prozesse können eingegliedert und bewertbar gemacht werden. Das Zertifikat kann somit eine Art Sprungbrett für neue energieeffiziente und klimaschonende Innovationen sein, die nicht nur im Neubau, sondern auch bei Bestandsgebäuden umgesetzt werden können.
Wie bereits jetzt viele Best-Practice Beispiele zeigen, rechnen sich Investitionen in nachhaltige Energiesysteme aus erneuerbaren Energien und schaffen, neben einem positiven Beitrag zur Ressourceneffizienz, auch einen monetären Vorteil über den Lebenszyklus der Immobilie. Darum steht die ÖGNI hinter diesen Entwicklungen und möchte sie weiter vorantreiben, denn nur ökologisch nachhaltige Entwicklungen, die sich wirtschaftlich rechnen, sind auf lange Sicht nachhaltig.
Zum Thema Gebäude und Energie veröffentlichte die ÖGNI im Rahmen einer Arbeitsgruppe ein Positionspapier, das Ihnen auf unserer Website unter Medien-Publikationen zum Download zur Verfügung steht.
Florian Wehrberger
Autor
Seit 2018 ist Florian Wehrberger bei der ÖGNI tätig und ist begeistert wie sich die Themen der Nachhaltigkeit stetig weiterentwickeln.